Interview: Usch Luhn
Die in einem kleinen österreichischen Dorf geborene Autorin Usch Luhn ist heute leidenschaftliche Autorin. Sie lebt abwechselnd in Berlin und auf einem Deich an der Nordsee. Tiere und die Natur sind ein wichtiger Teil in ihren Büchern, die sie mit viel Fantasie schreibt.
Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?
Ich habe Journalismus/Germanistik studiert und beim Radio/Fernsehen in Berlin gearbeitet. Eigene Geschichten habe ich mir schon immer ausgedacht, aber ich hätte nie geglaubt, dass daraus ein richtiges Buch werden könnte. Ich habe dann eine Ausbildung zur Drehbuchautorin gemacht, weiter beim Radio gearbeitet und hatte eine Idee für eine Kindergeschichte, mit der ich mich auf ein Stipendium beworben habe. Das hat nicht geklappt, aber ich habe die Idee an verschiedene Verlage geschickt und der Ueberreuter Verlag in Wien war interessiert. So kam es zu meinem ersten Buch „Svantje ganz schön cool“.
Wollten Sie schon immer Autorin werden oder hatten Sie andere Ziele?
Ich habe zwar gerne Geschichten erfunden, mir aber nicht zugetraut, Autorin zu werden. Deshalb habe ich Journalismus studiert.
Wie viele Bücher haben Sie denn schon geschrieben?
Ich habe schon ca. hundertfünfzig Bücher geschrieben. Die hohe Zahl kommt durch die Reihen zustande. Ich zähle aber nicht wirklich mit.
Was ist Ihr persönliches Lieblingsbuch, das Sie geschrieben haben?
Ich habe kein Lieblingsbuch. Besonders mag ich immer gerade das Buch, an dem ich gerade schreibe. Aber glücklicherweise gibt es kein Buch, von dem ich sage, das mag ich gar nicht mehr.
In den Nele- und Luna Wunderwald Reihen, die wir sehr gerne lesen, ist die Liebe zu Tieren ein wichtiger Teil. Mögen Sie Tiere und besitzen selbst ein Haustier?
Ich mag Tiere wahnsinnig gerne und das Tolle bei diesen Reihen ist, dass ich durch das Recherchieren beim Schreiben noch viel mehr über Tiere – auch Tiere, die ich vorher noch gar nicht kannte – erfahre. Ich hätte sehr gerne einen Hund oder ein Pferd oder einen Esel, aber dafür bin ich zu oft auf Lesereisen. Deshalb habe ich nur vier Hofkatzen, die nur draußen sein dürfen und meinen norwegischen Waldkater Kasimir, der von einer Freundin oder meinem Mann gefüttert und gestreichelt wird, wenn ich nicht da bin.
Wie kommen Sie auf die Ideen und Charaktere in Ihren Büchern?
Ich bin sehr neugierig und beobachte gerne. Auf Lesereisen bekomme ich auch sehr viel Inspiration. Ich interessiere mich für ganz viele Dinge und Menschen, und löchere die Leute mit Fragen, so kommen meine Figuren zustande. Sie sind ein Mischmasch aus dem, was ich erlebe und sehe.
Was machen Sie bei einer Schreibblockade?
Schreibblockaden sind natürlich ganz blöd. Ich versuche mich zu entspannen. Ich häkle und stricke gerne, aber nur einfache Sachen. Mützen, Pulswärmer, Taschen, Socken. Oder ich gehe am Deich spazieren (ich wohne ja meistens an der Nordsee) oder manchmal koche ich dann auch mitten in der Nacht was Leckeres oder backe oder lese einen spannenden Krimi. Es kann aber auch sein, dass ich meine uralt Lieblingsbücher lese: Tom Sawyer und Huckleberry Finn oder Ferien auf Saltkrokan.
Wenn ich in Berlin bin – dort habe ich immer noch die kleine Wohnung, die ich schon während meines Studiums gemietet hatte – gehe ich ins Café mit meiner Freundin oder shoppen 🙂 .
Wann fallen Ihnen die besten Ideen für ein Buch ein?
Ideen habe ich rund um die Uhr, eigentlich immer. Manchmal nervt das meinen Mann, weil er das Gefühl hat, ich bin mit den Gedanken ganz woanders. Der Platz, an dem mir am wenigsten einfällt, ist der Schreibtisch, vor dem Laptop. Da müssen die Ideen schon vorher da sein. Im Halbschlaf oder in der Badewanne oder in der Natur spinne ich am liebsten.
Wie lange brauchen Sie ungefähr für ein Buch?
Das kann ich gar nicht in Zeit benennen. Das Aufschreiben geht relativ schnell. Aber vorher denke ich sehr lange nach, recherchiere und habe schon einen Großteil meines Textes im Kopf, bevor eine Zeile auf dem Papier steht. Ich fantasiere auch oft an parallelen Geschichten, schreibe manchmal also zwei Stories gleichzeitig.
Ich muss mich in die Geschichten richtig einleben, damit ich sie schreiben kann.
Als wäre ich ein Teil davon.
Wie sieht Ihr Arbeitsplatz aus?
Ich habe einen ziemlich kleinen Schreibtisch, damit sich nicht so viel Zeug darauf türmen kann. Eine Tasse Tee steht da auch noch, ein Block und ein Füller (ich sammle Füller, deshalb ist es immer ein anderer). Mein Schreibtisch steht vor dem Fenster, deshalb steht auf dem Fensterbrett auch meist eine Vase mit schönen Blumen. Ich gucke direkt hinaus in meinen großen grünen Garten, und gleich vor dem Fenster sehe ich das Vogelhäuschen.
Haben Sie einen typischen Arbeitstag?
Wenn ich morgens aufstehe, trinke ich erstmal Tee mit meinem Mann – wenn der da ist, der ist nämlich Regisseur und oft unterwegs. Dann gucke ich Mails und beantworte sie und mache ein bisschen Büro – also Lesereisen planen und Züge buchen usw. Dann lege ich los. Zwischendrin geh ich raus, auch in den Gemüsegarten zum Jäten oder laufe einfach nur so herum, über den Deich, die Zeitung aus dem Briefkasten holen. Oder ich gehe auf mein Trampolin und jogge.
So geht der Tag dahin mit diesen Tätigkeiten und immer wieder schreiben. Dazwischen Essen kochen oder auch mal einkaufen, das aber nur einmal die Woche. Manchmal schreibe ich bis Mitternacht, manchmal auch bis morgens. Dann schlafe ich natürlich auch mal !
Sie unterrichten ja auch in einer Filmschule und schreiben eigene Filmdrehbücher. Wie viel Zeit bleibt Ihnen denn dann zum Schreiben eines Buches?
Filmdrehbücher schreibe ich gerade gar nicht, obwohl ich unbedingt eine neue Idee zu Papier bringen will. Aber das Buchschreiben geht vor. Zur Filmschule fahre ich nur immer im Herbst (Wintersemester), aber in diesem Herbst unterrichte ich nicht, wegen der Pandemie. Denn ich mache mit den Studenten Schreibübungen und Rollenspiele, das geht meiner Meinung nach über Zoom nur ganz schlecht.
Aber das Buchschreiben geht immer vor inzwischen. Deshalb mache ich oft nur Beratungen per Mail – also Textlektorate mit den Studenten für ihre Drehbuch-Ideen.
Was planen Sie für die Zukunft als Autorin? Haben Sie vor noch weitere Bücher zu schreiben?
Ich bin sehr froh, dass verschiedene Verlage meine Bücher drucken. Denn ich kann mir gar nicht vorstellen, keine Bücher mehr zu schreiben oder irgendwann auf Rente zu gehen und nichts zu tun. Ich hoffe, dass ich gesund bleibe und bis an mein Lebensende weiterschreiben darf. Das machen ja viele Autor*innen und das ist das Tolle an diesem Beruf. Ich habe noch so viele Ideen im Kopf, dass ich am liebsten 100 werden würde. Dass ich irgendwann mal sage, so, jetzt reicht es mir aber echt, kann ich mir gar nicht vorstellen. Es gibt ja auch immer was zu erzählen.
Gerade haben wir ein ganz „spontanes“ Buch gemacht. Der Carlsen Verlag, die tolle Illustratorin Franziska Harvey und unsere Redakteurin: Wir sind auch mit Abstand klasse, heißt es. Ein Buch, für das wir nur drei Wochen gebraucht haben, über den Schulalltag nach dem Lockdown. Es sollte lustig sein, damit man es auch lesen mag. Das war eine echte Herausforderung und hat super Spaß gemacht.
Für den Ravensburger Buchverlag habe ich eine neue Reihe begonnen, die im Oktober erscheint. Sie heißt Lilly und die magischen Schuhe. Lilly wohnt mit ihrem Onkel, einem französischem Drachen, der sie unterrichtet und einer sehr schlauen Schildkröte in einer Schuhwerkstatt, die von Stadt zu Stadt fliegt. Sie kann Schuhe nähen, die Kindern helfen, ihre Sorgen und Ängste in den Griff zu kriegen und gerät immer wieder in neue Abenteuer. Also ein bisschen Magie und Zauberei und natürlich wieder viele Tiere und spannende Kinder. Gerade schreibe ich an einem neuen Band und dann kommt es mir so vor, als würde ich mit meinen Figuren unter einem Dach wohnen. Zwar bin ich seit dem Lockdown nirgends hingekommen, aber in Gedanken bin ich so an vielen spannenden Orten.
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